Ziemlich früh, gleich nach BMW, starteten Jaguar und Land Rover mit der Präsentation ihrer Fahrzeuge. Das war schon interessant, bevor überhaupt etwas zu sehen war: Wie holprig in der Aussprache darf ein Topmanager, der sich für eine britische Traditionsmarke verantwortlich zeichnet, in Englisch vortragen? Da gibt es scheinbar reichlich Spielraum. Jaguar-Designchef Ian Callum, unüberhörbar gebürtiger Schotte, hat dann aber höchstpersönlich das neue Sportwagen-Konzept mit dem sperrigen Namen C-X16 vorgestellt. Wie schon von anderen Autoren an anderer Stelle formuliert, haftet dem gewiss attraktiv gestalteten Coupé etwas Altbackenes, eigentlich Enttäuschendes an. Da hätte sehr viel mehr gehen müssen. Schade. Dafür haben die Kollegen von Land Rover eine dermaßen sauber gezeichnete Defender-Studie namens DC100 hervorgezaubert, dass selbst Leute, die mit Geländewagen nichts am Hut haben, Anerkennung zollen müssen. Aus subjektiven Designgesichtspunkten sicher eines der Highlights in Frankfurt. Aber auch die Briten redeten ständig von „sustainablity“, was angesichts des eigenen Fahrzeugportfolios etwas amüsant war.
Nach der Mittagspause ging es bei den Italienern weiter. Das bedeutete im Klartext: Fiat mit allen alten und neuen Marken. Und dieser Mix ist doch merklich amerikanisch geworden, was man unerwarteterweise auch an der Präsentation des neuen – und ziemlich langweiligen – Panda merken konnte. So wie Pasta bei Burger King. Der mehrmals betonte Bezug zur ersten Generation des Panda – Stichwort „Tolle Kiste“ – überzeugte in keiner Weise. Eher ist der gegenwärtig noch produzierte Panda etwas fülliger um die Hüften geworden. Schöner macht einen das ja selten. Solche Kategorien waren aber in der Halle der Italiener schon immer relativ. Denn Schönheit, oder zumindest das, was der Latin Lover alter Schule darunter versteht, bewegt sich in erster Linie neben den Exponaten: Bei Fiat im Barbie-Outfit, bei Alfa Romeo im exklusiveren Look im kleinen Schwarzen. Hauptsache „bella ragazza“, die Welt ist manchmal ziemlich einfach. Sonst gab es nichts Neues mit Aufregungswert zu sehen: Der Alfa 4C als Konzept ist bereits bekannt, und einstimmen in die allgemeine Begeisterung über das tolle Design muss man auch nicht. Zu verquetscht, zu gedrungen, italienische Eleganz, wie in den 1960er Jahren, sah anders aus. Maserati hat einen dicken SUV vorgestellt, der eigentlich niemanden umhauen sollte, das können die Japaner bei Infiniti sehr viel besser, die anderen greifen sowieso zum Cayenne oder anderen Premiumpanzern. Bleibt noch Lancia mit den Chrysler-Klonen, die in Wirklichkeit noch viel schrecklicher sind als auf Bildern. Zum Heulen.
Renault setzt voll auf den Elektroantrieb. Bei der Dichte an Kernkraftwerken in Frankreich kalkuliert man da sicher anders. Dennoch ist die Konsequenz beeindruckend, und inzwischen wurde das vierte Konzeptfahrzeug für die E-Strategie des Hauses vorgestellt: Ein Mischling aus Lieferwagen und Minivan, früher hat man das als MPV (Multi Purpose Vehicle) bezeichnet. Nicht schlecht, mal sehen, was in der Serienwirklichkeit davon dann übrig bleibt. Renault baut parallel über Verträge mit Dienstleistern weltweit ein Netz an E-Versorgungsstationen aus, das ist wenig spektakulär, aber strategisch bestimmt nicht unpraktisch. Ebenfalls (und nicht nur bei Renault) auffallend: Immer öfter wird die CO2g/km Zahl als exemplarische Leistungsgröße, so wie früher die PS, genannt. Ein wirklich gutes Zeichen. Die französischen Kollegen von Citroen haben zuviele Comics konsumiert, anders ist die Studie „Tubik“ nicht zu verstehen. Der designmäßige Aufschwung, der vor ein paar Jahren bei Citroen richtig Fahrt aufgenommen hat, läuft Gefahr, auf Kosten des Klamauks wieder verspielt zu werden. Bei der Konzernmutter Peugeot läuft es besser, dort sucht man endlich wieder den ruhigen ausgewogenen Auftritt, für den in den 1960er und 1970er Jahren die Marke lange Zeit stand. Die Studie HX1 ist durchaus als Versprechen zu verstehen.
Volvo, seit geraumer Zeit in chinesischem Besitz, sollte man bestimmt nicht voreilig abschreiben. In Frankfurt war die Studie „You“, eine Fortführung des letzten Konzeptfahrzeugs für eine Limousine der gehobenen Mittelklasse, zu sehen. Interessante Detailideen summieren sich zu einem schlüssigen Ganzen. Die Marke ist in sogenannten Premiumsegment durchaus noch zuhause, und es kommt garantiert noch mehr nach. Die Größe des Messestandes sprach zudem auch eine deutliche Sprache.
Die Defender-Studie finde ich wirklich sehr gelungen. Bleibt zu hoffen, dass der Land Rover irgendwann ähnlich clean in Serie geht. Die an den “Typ H” erinnernde Front des “Tubik” finde ich nicht schlecht …
Das Citroen-Teil ist nicht uninteressant angedacht, aber viel zu plüschig exekutiert. Die alte Typ-H Kiste war ja extrem reduziert, ingenieursmäßig und formal im Detail. Jean Prouvé lässt grüßen. Die Tubik Studie hingegen ist zu viel Barbarella-Klimbim, wie leider die letzten paar Citroens überhaupt.